Notfalldatenmanagement (NFDM)

Mit dem Notfalldatenmanagement können Ärzte in akuten Behandlungssituationen und medizinischen Notfällen schnell auf versorgungsrelevante Informationen des Patienten zugreifen.

Krankheiten, Allergien und eingenommene Medikamente spielen eine zentrale Rolle für die ärztliche Behandlung eines Patienten. Mit Hilfe dieser Daten können gezielt medizinische Maßnahmen ergriffen und Kontraindikationen vermieden werden. Gerade in Notfallsituationen stehen diese Informationen aber oftmals nicht zur Verfügung.

Für diese Fälle wurde das Notfalldatenmanagement konzipiert: Notfalldaten werden auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert und können von Ärzten in Notfällen direkt von der Chipkarte abgerufen werden.

Die Nutzung ist für Versicherte freiwillig: Sie können entscheiden, ob sie Notfalldaten speichern möchten oder nicht.

Wozu dient das Notfalldatenmanagement?

Als eine der ersten Anwendungen der Telematikinfrastruktur (TI) wurde das Notfalldatenmanagement, kurz NFDM, Mitte des Jahres 2020 eingeführt. Ärzte und medizinisches Personal sollen darüber im Notfall schnell Zugriff auf medizinische relevante Informationen erhalten.

Einen Anspruch auf einen Notfalldatensatz haben grundsätzlich alle Versicherten. Die Anwendung richtet sich vor allem an Versicherte mit einer komplexen Krankengeschichte, etwa bei chronischen Erkrankungen, mehreren Vorerkrankungen, Diagnosen, Medikamenten oder Allergien. Auch Schwangere sowie Patienten mit Erkrankungen, die im Notfall besonders relevant sind, beispielsweise seltene Erkrankungen, können vom Notfalldatenmanagement profitieren.

Was zählt zu den Notfalldaten?

Das Notfalldatenmanagement umfasst zum einen den Notfalldatensatz (NFD) und zum anderen den Datensatz Persönliche Erklärungen (DPE).

Der Notfalldatensatz (NFD) beinhaltet notfallrelevante medizinische Informationen. Dazu zählen:

  • Allergien und Unverträglichkeiten
  • regelmäßig eingenommene Medikamente
  • Diagnosen, die im Notfall relevant sind
  • chronische Erkrankungen
  • wichtige frühere Operationen und Organtransplantationen
  • wichtige medizinische Hinweise, etwa Schwangerschaften oder Implantate
  • Kontaktdaten von behandelnden Ärzten sowie von Angehörigen, die im Notfall verständigt werden sollen

Ergänzend kann ein Datensatz Persönliche Erklärungen (DPE) hinterlegt werden. Gespeichert werden Hinweise darauf, wo Versicherte relevante persönliche Erklärungen aufbewahren. Dies sind:

  • Organspendeausweis und Erklärungen zur Gewebespende
  • Patientenverfügung
  • Vorsorgevollmacht

Wichtig: In diesem Datensatz werden nur Informationen zum Aufenthaltsort dieser persönlichen Erklärungen niedergelegt. Der Inhalt der Dokumente selbst wird nicht gespeichert.

Speicherort der Notfalldaten

Der Notfalldatensatz wird auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert. Über die eGK kann jeder Arzt im Notfall auf die wichtigen Informationen zugreifen.

Auf Wunsch des Versicherten kann der Notfalldatensatz außerdem in der elektronischen Patientenakte (ePA) niedergelegt werden. Über die ePA können Versicherte die Einträge selbständig teilen.

Darüber hinaus wird der Notfalldatensatz zu einer elektronischen Patientenkurzakte (ePKA) weiterentwickelt, die als onlinebasierte Anwendung nicht mehr auf der eGK gespeichert wird. Über eine App können Versicherte in Zukunft auf die Daten der ePKA einschließlich der Notfalldaten zugreifen und diese auch im EU-Ausland nutzen.

Wie werden die Notfalldaten erstellt und aktualisiert?

Für Versicherte ist die Nutzung des Notfalldatenmanagements freiwillig: Die Notfalldaten werden also nicht ohne oder gegen ihren Willen gespeichert.

Anlegen können den Notfalldatensatz (NFD) nur Ärzte, die einen umfassenden Überblick über den Gesundheitszustand sowie die Befunde, Diagnosen und Therapiemaßnahmen des Patienten haben. Oftmals ist das der Hausarzt.

  1. Vor dem Erstellen des Notfalldatensatzes muss der Arzt über das NFDM aufklären und die ausdrückliche (mündliche oder schriftliche) Einwilligung des Patienten einholen. Die Zustimmung sollte dokumentiert werden.
  2. Anschließend besprechen Arzt und Patient gemeinsam, welche Informationen im Notfall medizinisch relevant sind und wählen diese (mit Hilfe des Praxisverwaltungssystems – PVS) aus.
  3. Der erstellte Datensatz muss vom Arzt per qualifizierter elektronischer Signatur (elektronischer Heilberufsausweis – eHBA) signiert werden.
  4. Schließlich wird der Notfalldatensatz auf der eGK gespeichert, auf Wunsch des Patienten zusätzlich in der ePA.

Aktualisieren kann den Notfalldatensatz (NFD) jeder Arzt oder Psychotherapeut, der notfallrelevante Informationen zu der betroffenen Person hat.

Für das erstmalige Anlegen und jedes Aktualisieren des Datensatz Persönliche Erklärungen (DPE) benötigen Ärzte ebenfalls stets die ausdrückliche Einwilligung des Patienten. Im Gegensatz zum Notfalldatensatz wird dieser aber nicht vom Arzt signiert.

Beide Datenblöcke können unabhängig bzw. getrennt voneinander erstellt und verändert werden.

Zugriff auf Notfalldaten und Schutz durch PIN

Ein Zugriff auf beide Datensätze der Notfalldaten, die auf der eGK gespeichert sind, ist nur möglich durch Einsatz eines Heilberufsausweises (HBA). Grundsätzlich bedarf es zudem der Zustimmung des Patienten.

In Notfallsituationen kann berechtigtes medizinisches Personal hingegen ohne Zustimmung und ohne PIN-Eingabe durch den Versicherten die Notfalldaten einsehen. Dies betrifft etwa Situationen, in denen der Patient nicht ansprechbar oder auskunftsfähig ist. Zu diesen berechtigten Personen zählen Ärzte, Zahnärzte, unter Aufsicht tätiges Personal medizinischer Einrichtungen sowie Notfallrettungskräfte.

Über die Notfallsituationen hinaus darf ein Zugriff nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Versicherten erfolgen. Versicherte können ihre Notfalldaten – außerhalb von akuten Notfällen – im Rahmen der Regelversorgung nutzen. So beinhalten die Notfalldaten auch wichtige Informationen, die für die „normale“ Behandlungssituation oder Anamnese von Relevanz sind. Wollen Ärzte oder Psychotherapeuten in diesen Fällen die Notfalldaten lesen, muss der Versicherte einwilligen. Auf der eGK wird protokolliert, wer wann auf den Notfalldatensatz zugegriffen hat.

Zusätzlich haben Versicherte die Möglichkeit, die Notfalldaten mit einer PIN vor unberechtigten Zugriffen zu schützen. Auslesen, Anlegen und Aktualisieren von Notfalldaten ist dann erst nach PIN-Eingabe durch den Patienten möglich. Standardmäßig ist die PIN beim NFDM deaktiviert, kann auf Wunsch des Versicherten aber jederzeit aktiviert werden.

Was passiert mit den Notfalldaten, wenn eine neue eGK ausgestellt wird?

Erhalten Versicherte eine neue eGK – beispielsweise, weil sie die alte Karte verloren haben, diese beschädigt war oder von der Krankenkasse ausgetauscht wird – sind die Notfalldaten auf der neuen elektronischen Gesundheitskarte nicht automatisch gespeichert.

Wollen Versicherte ihre Notfalldaten auch auf der neuen eGK speichern, kann der Behandler (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus, Psychotherapeut), welcher die Notfalldaten der alten Gesundheitskarte erstellt oder zuletzt gespeichert bzw. aktualisiert hat, diese auf die neue Karte übertragen.

Hintergrund dessen ist, dass die Notfalldaten ausschließlich auf der eGK bzw. als Kopie in der Patientendatei des Behandlers gespeichert werden. Die Speicherung der Daten bei der Krankenkasse ist (datenschutz)rechtlich nicht zulässig. Neue Chipkarten werden von den Kassen daher immer ohne die Notfalldaten ausgeliefert.